Donnerstag, 8. April 2010

THEMA: Schwarz gegen Weiß? Südafrika, die WM und die alten Kampfeslieder (2)

 

Ein schneller Prozess für die beiden des Mordes am Rassistenführer Eugene Terreblanche angeklagten schwarzen Landarbeiter soll eine Eskalation der Stimmung zwischen Schwarz und Weiß verhindern helfen. Die Zeit drängt, denn es sind nur noch wenige Wochen bis zur Fußballweltmeisterschaft am Kap, wo Südafrika für den ganzen Kontinent glänzen will und muss. Doch die alten Wunden der Apartheid heilen sehr viel langsamer als ursprünglich gedacht und neue Verletzungen kommen tagtäglich hinzu. Dazu ein Bericht der Deutschen Welle:

Schwarz gegen Weiß? - Zwist in Südafrika 
Autor: Adrian Kriech/DW.de

""Ich habe gegen die weiße Vorherrschaft gekämpft", ruft Nelson Mandela den jubelnden Massen nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis 1994 zu. Und er fügt hinzu: "Ich habe gegen die schwarze Vorherrschaft gekämpft. Ich habe den Traum einer demokratischen und freien Gesellschaft gelebt, in der alle gemeinsam in Harmonie leben können." Der spätere Präsident Südafrikas hatte eine Vision. Nach 27 Jahren im Gefängnis und jahrzehntelanger Unterdrückung wollte er die Rassentrennung endgültig beenden, auch in den Köpfen der Menschen.
Seine Vision konnte er bis heute nicht verwirklichen, wie der Direktor des südafrikanischen Instituts für Gerechtigkeit und Versöhnung in Kapstadt, Fanie du Toit, weiß: "Wir hatten gedacht, dass die Kraft des Versöhnungsprozesses, die zu diesem Zeitpunkt besonders stark war, die Apartheid in einer relativ kurzen Zeit überwinden könnte. Aber jetzt sehen wir, dass es ein Kampf ist, für den wir ein paar Jahrzehnte kämpfen müssen."Fanie du Toit muss es wissen. Sein Institut hat letztes Jahr eine Umfrage veröffentlicht. Danach trauen vier von zehn Südafrikanern Menschen einer anderen Hautfarbe nicht. Fast die Hälfte der Südafrikaner haben danach keine echten sozialen Beziehungen mit Andersfarbigen. Viele Menschen lebten auch nach der Apartheid im selben Umfeld wie zuvor, so du Toit weiter. Es gebe ganze Stadtviertel nur für Schwarze und Stadtviertel für Weiße. Und die sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede hätten sich sogar verschlimmert. Ein weißer Südafrikaner verdient heute im Schnitt mehr als sieben Mal so viel wie ein Schwarzer.
Armut und Ungleichheit führen zu Konflikten – das nutzen einige Politiker aus. So provoziert der Führer der Jugendorganisation der Regierungspartei ANC, Julius Malema, immer wieder, singt öffentlich alte Lieder, die zum Töten der Buren aufrufen. Für Moeletsi Mbeki nur ein Versuch, von den wesentlichen Themen abzulenken. Moeletsi Mbeki ist der Bruder des ehemaligen Präsidenten Thabo Mbeki und leitet das Südafrikanische Institut für Internationale Angelegenheiten. Die Partei habe die wirtschaftlichen Versprechen nicht erfüllen können, die sie die vergangenen 16 Jahre gepredigt habe, so Mbeki weiter. "Darum sucht der ANC nach Sündenböcken, um sie für das eigene Unvermögen verantwortlich zu machen. Und einer der Sündenböcke ist offensichtlich: Die Weißen werden für das Versagen der eigenen Wirtschaftspolitik verantwortlich gemacht.""
Nach Mord an Burenführer: Spannungen nehmen zu

Zwei Landarbeiter in Südafrika angeklagt


Mord an Burenführer: Spannungen vor Prozess in Südafrika 


Terre'Blanche Murder Reveals South Africa Racial Divide



ANC youth wing defies party's call not to sing 'Shoot the Boer'

"Shoot the boers" - das Lied zum Mord 

ANC does a U-turn on Malema gag order
 

Extremisten heizen Klima in Südafrika an 

Supremacist's murder: 'Guys who killed him are our heroes' 



Terreblanches Volk: Die Buren sind der "einzige weiße Stamm Afrikas" 

Mord an Terre Blanche: Rechtsextreme ziehen Drohungen zurück

Das Ende eines Relikts
von Adrian Flint und Jil Payne/Übersetzung: Holger Hutt/Der Freitag"
"...Malema verkörpert alle Schwächen, mit denen Südafrika nach dem Ende der Ära Mandela zu kämpfen hat. Verhätschelt, bockig und offenbar nur gegenüber sich selbst verantwortlich, ist er die Antithese zu Mandelas Idee der Versöhnung. Die Kontroverse, die dem Verbot von „kill the boer“ vorausging und die Ermordung Terre’Blanches stehen stellvertretend für den Tod des Optimismus in Südafrika. Wir beklagen nicht den Verlust Terre’Blanches, wir beklagen den Verlust der Vision dessen, was beinahe Wirklichkeit geworden wäre.
In diesem Jahr sind die Augen der Welt auf Südafrika gerichtet. Nicht nur für das Land selbst, sondern für das gesamte südliche Afrika und vielleicht für das ganze Afrika südlich der Sahara ist von entscheidender Bedeutung, dass das Turnier zu einem Schaufenster all dessen wird, was seit 1994 erreicht wurde. Wer unter Thatcher aufwuchs und die Poll Tax Riots miterlebte, ist auch ein Kind der Kampagne zur Beendigung der Apartheid. Der Verlust des Idealismus in Südafrika trifft nicht nur die Südafrikaner, sondern alle, die glaubten, einen Anteil an der Verwirklichung des Post-Apartheid-Traumes zu haben.
Auch wenn Südafrika 2010 für alles Positive stehen sollte, was im Afrika des 21. Jahrhunderts möglich ist, gibt es große Unterschiede zwischen 1995 und 2010. Trotz aller Romantik war 1995 eine Phase echter Hoffnung, Erwartung und Antizipation. Das Südafrika von 2010 ist zunehmend zynisch, kurzsichtig und gespalten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der Geist der Rainbow Nation der Verdrossenheit eines zunehmend übersättigten und selbstgefälligen ANC entrissen wird, der wie so viele Befreiungsbewegungen nach der Übernahme der Regierungsverantwortung Gefahr läuft, seinen moralischen Kompass zu verlieren."



Fußball-WM 2010: Wie sich Südafrika um Sicherheit bemüht


Blog Impressionen aus der Regenbogennation  

"...Dubul' ibhunu oder: Ag sies, Südafrika
In der südafrikatypischen, farbzentrierten Kakophonie tut eine Stimme wie die von Taxifahrer Moses gut. "Terreblanche war ein schlechter Mann, aber sie hätten ihn nicht töten sollen. Wir müssen lernen, zusammen zu leben." Das wird dem Land jetzt wieder etwas schwerer fallen. Die Rechten werden den alten Ewiggestrigen jetzt zum Märtyrer machen. Dabei fiel der Mann doch eher durch Slapstickeinlagen denn durch politischen Einfluss auf: Unvergessen die durchlöcherte grüne Unterhose, in der der selbsternannte "General" beim Schäferstündchen fotografiert wurde, oder sein Sturz vom Pferd bei einer AWB-Kundgebung in der Hauptstadt Pretoria. Und ANC-Malema, der sich in seiner Rolle als Verbal-Amokläufer gefällt, dürfte seinen Kultstatus unter radikalen Schwarzen ebenfalls weiter ausbauen. Beides ist schlecht für Südafrika..."


"Alles braai oder was ?
In Südafrika drohen während der WM schwere rassistische Unruhen" schreibt der FOCUS gewohnt plakativ und übertrieben nach der Ermordung von Terreblanche. Das ist natürlich grob fahrlässige Stimmungsmache. Den FOCUS-Leuten scheint nicht klar zu sein, dass Südafrika ein Korrektiv gegen Rassenunruhen hat, das es am Ostermontag noch mal schnell durchgespielt hat: Das Braai.
 Ein Braai, so deutlich muss das mal gesagt werden, ist das EINE gemeinsame Brauchtum, das schwarze, weiße und farbige Südafrikaner teilen. Auch wenn es schmerzt: Das Bindeglied des Vielvölkerstaates Südafrika (vgl. "Regenbogennation") ist ... ein Berg Grillfleisch. Ein Braai, so steht es zurecht bei Wikipedia, muss unbedingt mit Holz befeuert werden. Elektrogrills oder Briketts sind geächtet und können den Ausschluss auf Lebenszeit aus der Braai-Fraternity nach sich ziehen. Holzfeuer haben schließlich gegenüber Holzkohlefeuer den Vorteil, dass das Anfeuern länger dauert, sprich: in der Zwischenzeit mehr Bier getrunken werden kann.
Lammfleisch, Schweinefleisch, Rindfleisch, Straußenfleisch, Gnu- oder Springbokfleisch... Hauptsache Fleisch, und Hauptsache...Braai. Wäre Südafrika nur halb so flächendeckend mit Krankenhäusern wie mit Braaiplätzen ausgestattet - dem Land ginge es gut. Und so kommt es, dass sich Südafrikaner aller Farben an einem Strand oder in einem Park treffen. Beim lockeren "Tausche Boerewoers gegen Straußenfilet" oder "unsere Kühltasche ist undicht, können wir unsere Bierdosen in eurem Eimer parken" kommt sich die Regenbogennation an einem solchen heißen, trägen und alkoholgeschwängerten Kap-Nachmittag ganz nah und glaubt sich für einen Moment versöhnt. (Das Gefühl ist am nächsten Morgen meist wieder weg!)..."

FOTO: Nelson Mandela mit Frederik de Klerk 1992 in Davos/Copyright World Economic Forum/Creative Commons Attribution ShareAlike 2.0 Generic license/Wikimedia Commons

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