30 Jahre Unabhängigkeit in Simbabwe
DW-World.de
"Als Simbabwe am 18. April 1980 unabhängig wird und Robert Mugabe wenig später als erster Premierminister an die Macht kommt, übernimmt er ein wirtschaftlich gesundes Land. Die Kornkammer Afrikas ist voller Bodenschätze, zudem ein beliebtes Reiseziel. 200.000 Weiße und Inder bilden das Rückgrat der Ökonomie. Für Mugabes Politik, Schwarze stärker in die Wirtschaft zu integrieren, zeigt die Welt Verständnis. Doch als der mittlerweile 86-jährige Despot vor 10 Jahren mit seiner Landreform beginnt und weiße Farmer brutal enteignen lässt, geht es mit dem Land bergab. Wirtschaftlich ruiniert und politisch isoliert - am 30. Jahrestag der Unabhängigkeit gibt es eigentlich wenig zu feiern..."
Simbabwes Regime feiert 30. Jahrestag
Autorin: Dagmar Wittek/DW-World.de
Simbabwe: Aus der Traum"Der Traum von Freiheit und Wohlstand im ehemaligen Rhodesien ist ausgeträumt. Simbabwes einstiger Held, Präsident Robert Mugabe, ist zum Schurken verkommen. Simbabwe hat wenig Grund zum Feiern.Vor 30 Jahren wurde Robert Mugabe als Held der Nation und Liebling des Westens umjubelt. Heute finden nur noch Wenige positive Worte über den einstigen Freiheitskämpfer, der Simbabwe 1980 in die Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht führte. Simbabwes Wirtschaft liegt in Trümmern und erholt sich seit einem Jahr, seit Mugabe mit der Opposition unter Morgan Tsvangirai eine Regierung der nationalen Einheit einging, nur schleppend. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 90 Prozent und Millionen Menschen benötigen Lebensmittelhilfe. Weit über drei Millionen Menschen sind ins Exil geflüchtet. Ihnen ist, wenn auch die Festivitäten in Simbabwe üppig ausfallen werden, überhaupt nicht nach Feiern zumute...
"Wir sind nicht unabhängig", sagt Edson T. (er möchte seinen Nachnamen nicht nennen - aus Angst vor Repressalien und Mugabes Spitzeln, die selbst in Südafrika operieren), während er Tee aus seinem Blechbecher trinkt. Er war einmal Soldat für Mugabes Truppen. Aber als sie vor 10 Jahren Farmland besetzen und die rund 4500 kommerziellen weißen Farmer, die weitgehend für Simbabwes Wohlstand verantwortlich zeichneten, mit Brutalität und Waffengewalt vertreiben sollten, desertierte er. Zunächst flüchtete er nach Botswana und seit zwei Jahren findet er in Johannesburgs Innenstadt in der Kirche der Methodisten Unterschlupf. Da er einen schweren Autounfall hatte, geht er auf Krücken und gehört zu denjenigen die eine leicht privilegierte Schlafstätte okkupieren dürfen: er teilt sich mit drei anderen etwa sechs Quadratmeter Linoleumboden, direkt vor einem nicht mehr funktionierenden Aufzug. Rund 1200 Exilsimbabwer kommen jede Nacht in der methodistischen Kirche unter. Sie schlafen im Flur, auf den Treppenstufen, in jedem freien Winkel des neunstöckigen, desolaten Gebäudes. Dennoch zieht Edson es eher vor hier zu sein, als in Simbabwe. "Zu Kolonialzeiten unter den Briten waren wir unabhängiger und freier als jetzt", meint der 50-Jährige. Damals gab es noch ein gut funktionierendes Bildungswesen und Krankenhäuser und Ärzte, die einen behandeln konnten. Die Briten hätten ihnen 1980 einen funktionstüchtigen Staat überlassen und die ersten fünf Jahre hätte Mugabes Regierung davon profitiert. Aber dann schon wären Repressalien gegen Andersdenkende und Korruption eingezogen. "Mugabe ließ über 20.000 Ndebele in Matabeleland umbringen", erzählt der sportlich aussehende Mann aufgebracht. Da habe keiner vom Westen gewagt den "neuen afrikanischen Held" zu kritisieren. Damals schon, urteilt Edson, habe Mugabe sein wahres Gesicht gezeigt..."
Von Dagmar Wittek /FR-online.de
(K)eine Kindheit in Simbabwe"...Auch der 45-jährige Zhou hat hier lange gehaust. Tagsüber half er, die vielen gut qualifizierten Lehrer aus seiner Heimat in das südafrikanische Schulsystem als Aushilfen zu vermitteln. "Wir hatten das beste Bildungssystem Afrikas", sagt Zhou. Er war 20 Jahre Lehrer in Simbabwe. Als Simbabwe 1980 nach einem Guerillakrieg die Unabhängigkeit erlangte, war "Genosse Mugabe unser Held", denn er baute das Schul- und Gesundheitswesen aus. Simbabwe war das Vorzeigeland Afrikas. Aber schon Mitte der 80er Jahre zeigte Mugabe sein wahres Gesicht, seine Truppen ermordeten im Matabeleland mehr als 20 000 Menschen. Die internationale Gemeinschaft schwieg, offenbar wollte man nicht "den neuen afrikanischen Hoffnungsträger" kritisieren.
Als im Staat schließlich das Geld knapp wurde, begannen Korruption und Selbstbedienung durch Staatsbeamte. Und Mugabe hatte weiße Simbabwer als die Sündenböcke für die wirtschaftliche Krise ausgesucht. Er peitschte Landreformen durch, in deren Folge fast alle weißen Farmer des Landes vertrieben wurden. Die Kornkammer Afrikas, die in Hungersnöten Getreide liefern konnte, war geleert. Kritischdenkende Menschen wurden verfolgt.
Zhou ist vor fünf Jahren mit seiner Frau und zwei Kindern nach Südafrika geflüchtet. Inzwischen ist er Direktor der Schule der methodistischen Kirche, in der Flüchtlingskinder unterrichtet werden. Doch auch in Südafrika lebt Zhou nicht sicher. Er wurde Opfer von ausländerfeindlichen Attacken, die in Südafrika immer wieder aufflammen. Dennoch sagt er: "Ich lebe auch hier in ständiger Angst, aber es ist immer noch besser als im Terrorregime von Mugabe".
Autorin: Leonie March/DW-World.de
Investoren wenden sich von Simbabwe ab
"...Vor allem die Kinder litten unter der Armut, erzählt die Großmutter. Viele sind Waisen, weil die Eltern an Aids gestorben sind. Sie haben keine Kleidung, nichts zu essen und können es sich nicht leisten die Schule zu besuchen. Deshalb hat Nyasha Chigora fünf Waisenkinder bei sich aufgenommen: "Ich verdiene ein bisschen Geld, indem ich für andere wasche und bügele. Das reicht gerade so, um das Schulgeld zu bezahlen und die Kinder zu ernähren."Die Schule von Mabvuku ist nur ein paar Straßen entfernt. Von den Gebäuden blättert der Putz, die Fensterscheiben sind zerbrochen oder fehlen ganz. Im letzten Jahr war sie für mehrere Monate geschlossen, wie etliche andere Schulen in Simbabwe, denn viele Lehrer haben ihr Land in der Krise verlassen. Jetzt wird wieder unterrichtet, in zwei Schichten, die Hälfte der Kinder vormittags, die andere nachmittags, weil es an Klassenzimmern und auch noch immer an Lehrern mangelt, erzählt die 13-jährige Calista. "Richtig lernen können wir hier nicht", sagt das Mädchen. Es gebe kaum Schulbücher und Hefte. Viele ihrer Mitschüler blieben ganz zu Hause, weil sich ihre Eltern das Schulgeld nicht leisten könnten. 90 Prozent der Bevölkerung in Vierteln wie Mabvuku sind arbeitslos, schlagen sich irgendwie durch, wie Kumbirai Kadyamalilo Tagarira, Mutter von sechs Kindern. "Arm waren wir schon immer", sagt die 40-Jährige, "doch in den letzten Jahren ist unser Leben noch viel schwieriger geworden." Das größte Problem in Mabvuku sei die Wasserversorgung. Vor rund drei Jahren ist sie zusammengebrochen. Sauberes Wasser gibt es seitdem nicht mehr. Das Abwasser läuft durch die Straßen auf denen die Kinder spielen. Viele sind schon an Cholera und anderen Durchfallerkrankungen gestorben. "Es ist einfach furchtbar", seufzt Frau Tagarira. "Erst gestern mussten wir wieder ein Kind begraben."..."
Autorin: Katrin Ogunsade / DW-World.de
"...Deutsche Investoren wenden sich angesichts der jüngsten Enteignungspläne in der Wirtschaft von dem krisengeschüttelten südostafrikanischen Staat ab. Das berichtete der deutsche Botschafter in Simbabwe, Albrecht Conze, am Dienstag (30.03.2010) in der Hauptstadt Harare. Demnach hätten einige deutsche Wirtschaftsvertreter ihre Pläne rückgängig gemacht, eine Gruppe potenzieller Investoren nach Simbabwe zu bringen. Ministerpräsident Morgan Tsvangirai, der seit Anfang 2009 Koalitionspartner Robert Mugabes in einer Regierung der nationalen Einheit ist, ist zwar gegen die Umsetzung des Gesetzes, das bereits 2008 verabschiedet wurde. Bislang konnte er sich allerdings gegenüber Mugabe nicht durchsetzen, der nach wie vor an seiner Macht festhält. Da das Gesetz auch für Töchter internationaler Firmen sowie für Neuinvestitionen gilt, sagen Wirtschaftsexperten einen weiteren Niedergang Simbabwes voraus. Derzeit Leben in dem Land etwa noch 20.000 bis 30.000 Weiße. Früher waren es einmal 200.000. "Erst nahmen sie uns die Farmen, dann die Firmen", klagte ein weißer Geschäftsmann in Harare..."
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Foto: Robert Mugabe, President von Simbabwe, 2009/US-Navy, Sp. Jesse B. Awalt/Public Domain/Wikimedia Commons
Ich habe viel über Simbabwe gelesen. Ich bin sehr erschüttert über die dortigen Ereignisse.
AntwortenLöschenIch wünsche jedem Bürger von Simbabwe Gesundheit und Glück. Nur einem nicht, dem Mugabe, den ich noch nicht einmal mit "Herr Mugabe" geschweige mit einem Titel ansprechen möchte.