Montag, 17. Januar 2011

UPDATING AFRICA 1/2011

Die ersten beiden Wochen des Jahres 2011 sind außerordentlich ereignisreich gewesen für Afrika – und für seine Menschen voller Gewalt und dennoch voller Hoffnung.

Liberias Präsidentin  Präsidentin Ellen Sirleaf-Johnson /Foto: Official Liberia Government Website

Liberia sehen viele als Staat, der diese Hoffnung in besonderem Maße sichtbar macht: Seine jüngere Geschichte erzählt von 14 Jahren Bürgerkrieg, von Hunderttausenden Toten und Millionen Flüchtlingen. Und von einem Neubeginn, den die Präsidentin Ellen Sirleaf-Johnson auch in ihrer Neujahrsansprache beschwor. Sirleaf hat erst vor wenigen Wochen fast ihr gesamtes Kabinett umgebildet, um auf die Wahlen in diesem Jahr bestmöglich reagieren zu können. Und wie man in Liberia überall hören und lesen kann, hat der Wahlkampf längst begonnen.

Die ersten Stunden des neuen Jahres und eine fröhliche Sylvesterparty wurden für zehn junge Leute in Südafrika zur Todesfalle: Sie starben bei einem Brand und der nachfolgenden Panik in einem Lokal in der Provinzstadt Ipelegeng.
Weitaus höher noch waren die Opferzahlen bei dem grausamen Bombenangriff vor einer koptischen Kirche im ägyptischen Alexandria in der Neujahrsnacht. 43 Menschen starben bei diesem Anschlag völlig neuer Dimension, sie hatten sich mit ihren Familien und Freunden zum Feiertagsgottesdienst zusammengefunden. In Folge des Anschlags brachen in der Stadt und anderswo in Ägypten blutige Unruhen aus. 

Unruhen nach dem Attentat/ Bild, Danke!: Ägypten: Straßenkämpfe in Alexandria nach Bombenattentat 

Zwar wurde von der Polizei von Anfang an vermutet, dass Islamisten das Attentat geplant und ausgeführt hatten, es gab aber tagelang keine Spuren von den Tätern. Erst spät wurden dann Leichenteile gefunden, die dem Täter und schließlich einer ägyptischen Islamistengruppe zugeordnet werden konnten. Neben Bestürzung in der Welt und Angst bei dem ägyptischen Christen hat der Bombenanschlag auch diplomatische Probleme heraufbeschworen: Ägypten zog seinem Botschafter aus dem Vatikan ab und zeigte sich auch Deutschland gegenüber aufgebracht, beides wegen angeblich unangebrachter Kritik. Ende dieser Woche gab es einen weiteren koptischen Toten, der von einem ägyptischen Polizisten in einem Zug erschossen wurde.  

Bombenanschlag in Alexandria in der Neujahrsnacht/ Foto, Danke!: Mehrere Tote bei Anschlag auf ägyptische Kirche 

Leider blieben die ägyptischen Angriffe auf Christen nicht die einzigen: So folgten alsbald Nachrichten über Bombenangriffe und Überfälle auf christliche Dörfer mit vielen Toten aus Nigeria, wo die Polizei dann auch gegen die Islamisten-Sekte Boko Hara vorging und 92 Menschen festnahm. In Somalia machten die Islamalisten weltweit von sich reden, weil sie durch ein neues Gesetz das Händeschütteln zwischen Männern und Frauen unter Androhung der Todesstrafe verboten haben.

Neues Gesetz der Islamisten/ Foto, Danke!: Somalia: Männern und Frauen wird Händeschütteln verboten

Auch das lang erwartete Referendum im Sudan über die Teilung des Staatsgebiets steht unter anderem unter den Vorzeichen islamisch-christlicher Auseinandersetzungen. Der nördliche Teil des Landes ist stark arabisch – und mittlerweile islamistisch – geprägt, während der Süden traditionell von afrikanischen Stämmen mit mittlerweile christlicher Prägung besiedelt war. Da dieser Teil aber wirtschaftlich bislang brach lag, hatten die meisten Menschen ihre Heimat verlassen, um Arbeit in den Städten des Nordens zu suchen. Oder aber sie haben den Sudan fluchtartig aus Angst um ihr Leben verlassen nach den zahllosen Überfällen islamistischer Milizen auf Sudanesen Schwarzer Hautfarbe in den vergangenen Jahren. 

Mit allem Hab und Gut zurück nach Hause/ Foto, Danke!: Südsudanesen kehren aus dem Norden zurück


Die Trennung der beiden Landesteile in zwei souveräne Staaten soll nun nach Willen der Weltgemeinschaft Frieden bringen (Gastbeitrag von Barack Obama!), weshalb Hunderttausende in den Süden zurückgekehrt sind, um dort ihre Stimme abzugeben. Die Wahllokale in Sudans Hauptstadt Khartoum blieben hingegen leer. Auch in Kenya können Flüchtlinge ihre Stimme abgeben, das Land hatte nicht nur jahrelang zahllose sudanesiche Flüchtlinge aufgenommen, es stellt auch viel Geld und große Ressourcen bereit, um dem neuen afrikanischen Staat einen guten Start in eine gute Zukunft zu sichern. 

Auf dem Weg zur Volksabstimmung/ Foto, Danke!: Sudan vor dem Referendum: Ausgerechnet Sudan!


Die für die Trennung erforderlichen Stimmen bei der Volksabstimmung waren schon nach weniger als der Hälfte der zur Verfügung stehenden Zeit zusammen, ob die Separation jedoch wirklich problemlos über die Bühne gehen wird, ist höchst unsicher. Vor und auch während des Referendums hatte es entlang der neuen Grenze immer wieder Kämpfe und viele Tote gegeben, und noch ist auch unklar, wie sich Diktator Bashir nun tatsächlich verhalten wird - nachdem vor kurzem große Ölvorkommnisse in der bislang kargen und armen südlichen Region entdeckt worden waren.
In Mali hat es einen Bombenanschlag auf die französische Botschaft mit zwei Verletzten gegeben, und im Niger wurden zwei junge Franzosen beim Essen aus einem Restaurant entführt. Die Beiden wurden bei einem Befreiungsversuch – auch mit französischen Einheiten – getötet. Immer mehr Entführungen werden aus Afrika gemeldet, was auch mit dem erstarkenden Terrorismus in Zusammenhang steht.

In Sambia sind streikende afrikanische Minenarbeiter von chinesischen Kohlemanagern beschossen worden. Die Chinesen kamen auf Kaution frei, werden nun aber mit zwei für sie bürgenden Botschaftsangehörigen per Haftbefehl gesucht, weil sie nicht zum Gerichtstermin erschienen waren. Dafür erschien nur wenige Tage später Chinas Vizepräsident auf Staatsvisite in Sambia, das eine der am schnellsten wachsenden Ökonomien in der Welt darstellt. Die Chinesen haben sich allein im Jahr 2010 mit einer Milliarde zum Teil sehr umstrittenen - Investitionen daran beteiligt.

Investoren sucht auch Uganda ganz dringend: Das Land braucht sofort 12 Millarden Dollar zur Bekämpfung des gefährlichen Gelbfiebers, das vor kurzen dort ausgebrochen ist. Die neuesten Statistiken sprechen von über 40 Toten, die Regierung hat eine Spezial-Task-Force in den Norden des Landes geschickt, um Schlimmeres zu verhindern. Zwischenzeitlich war auch der Impfstoff ausgegangen, und die dringend nötigen Impfungen im Nachbarland Elfenbeinküste sind wegen der Unruhen dort bislang nicht eingetroffen oder gar verabreicht.

Laurent Gbagbo  / Foto, Danke!: Bewegung im Machtkampf: Gbagbo stimmt Gesprächen zu
Die Lage in Elfenbeinküste ist nach wie vor ungeklärt,  Präsident Gbagbo weigert sich immer noch, das Wahlergebnis vom Dezember anzuerkennen und zurückzutreten, hat sich aber mittlerweile zu Verhandlungen bereit erklärt. Zuvor hatten ihn sowohl das einstige koloniale „Mutterland“ Frankreich, die EU, die USA, die UNO sowie zahlreiche afrikanische Staaten stark unter Druck gesetzt. In den letzten Tagen hatte es wiederholt Straßenkämpfe, Tote und auch Angriffe auf UN-Mitarbeiter  und UN-Soldaten gegeben. Mittlerweile ist sogar von einer möglichen Koalitionsregierung die Rede, um der Geschichte des Landes gerecht zu werden und endlich Ruhe einkehren zu lassen. Die Lage ist wider Erwarten in den letzten Tagen im Großen und Ganzen verhältnismäßig ruhig geblieben.

Ganz anders in Nordafrika, wo zunächst noch sehr leise Proteste gegen Arbeitslosigkeit und Preiserhöhungen bei Lebensmitteln innerhalb weniger Tage zu Gewaltausbrüchen und zum Sturz der Regierung in Tunesien führten. Verhaltene Unruhe war schon lange zu spüren im Maghreb, doch die Regierungen in Algier und Tunesien hatten bislang alles fest im diktatorischen Griff. In Algerien brach der Protest der zumeist jungen Bürger zuerst offen aus, es gab gewaltsame Auseinandersetzungen auf den Straßen, Geschäfte brannten, ein Jugendlicher starb. Doch obwohl die Zahl der Toten stetig anstieg, Barrikaden brannten und überall Plünderungen stattfanden, führten die Unruhen zunächst in Tunesien und nicht in Algerien zum Klimax. Hier kam es auch zu Selbstverbrennungen, die Polizei schoss in die protestierende Menge, die Armee besetzte die Hauptstadt, es gab Ausgangssperren – und schließlich war Präsident Ben Ali bereit zu Reformen. Doch es war längst zu spät: Über Nacht und trotz Ausnahmezustand und geschlossenem Luftraum verließ der Diktator Tunesien in Richtung Frankreich. Dort allerdings hatte er sich weder angemeldet noch war er willkommen. Seine Maschine tauchte fast ohne Sprit in Malta auf, am nächsten Morgen wurde der verjagte Präsident dann in Saudi-Arabien herzlich willkommen geheißen. Zum Interim-Präsidenten wurde derweil in Tunis der bisherige Parlamentssprecher ernannt, doch die Gewalt hat sich nicht gelegt: Im Touristenort Monastir brannte das Gefängnis - es gab viele Tote - und auch anderswo sollen Gefangene gewaltsam befreit worden sein. Die Gewalttätigkeiten halten auch nach der Flucht des Diktators an. 

Robert Mugabe/ Foto, Danke!: Zimbabwe: Liegt Mugabe im Sterben?


Noch ein anderer Diktator hat überraschend sein Land verlassen - und viele Bürger seines Staates Simbabwe hoffen, ohne Wiederkehr: Robert Mugabe, alt und seit langem an Krebs erkrankt, hat sich innerhalb einer Woche zum zweiten Mal zusammen mit seinem Leibarzt nach Malaysia begeben. Von Sicherheitskreisen des Landes war zu hören, dass sich der Zustand des 87-Jährigen derart verschlechtert habe, dass mit seinem baldigen Ableben zu rechnen sei. 


Hoffnung im Süd-Sudan/ Foto, Danke!: Nach der Abstimmung: Multikulti im Südsudan

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